Tagebuch

Mamis sind auch nur Menschen

Als mein Sohn ungefähr 2 Jahre alt war, begann er, sich immer heftiger gegen das Anziehen zu wehren. Ich merkte, dass er es selber machen wollte aber er war einfach noch nicht ganz soweit. Helfen liess er sich nur ungern. So kam es eines schönen Spätherbst-Tages (knapp 20°), dass er sich partout nicht anziehen wollte. Er fand es zu heiss, zu blöd, zu was auch immer und ich merkte, dass er einfach endlich raus gehen wollte! „Es isch imfall uh chalt dusse! Lug emal, sMami hät au Hose ah! Chum ich hilf dir bim ahleggä…!“ – „NEI, NEI, NEI!“ 🙄 Nachdem wir schon den zweiten Bus verpasst hatten und mein Mini auch schon langsam quengelig wurde, mochte ich nicht mehr diskutieren. Ich beschloss, dass er sicher bald selber merken würde, dass es vermutlich doch ein wenig ZU kalt ist und setzte ihn kurzerhand nur im Body bekleidet in den Wagen. Bereits auf dem Weg zur Bushaltestelle begann ich an meiner Entscheidung zu zweifeln🙈 Ich spürte die Blicke der anderen regelrecht in meinem Rücken. Rabenmutter! Haben die kein Geld für Kleider? Der arme Junge muss bestimmt furchtbar frieren…😱 Ich kassierte mindestens fünf böse Blicke, bis wir am Ziel angekommen sind. Ich blieb tapfer. Nach 2 Minuten an der frischen Luft sah dann zum Glück auch meine Diva ein, dass es doch zu kalt war und murmelte hinter seinem Nuggi hervor: „Mami, Hose aleggä!“. 😄 Erleichtert über seine Einsicht, packte ich ihn natürlich sofort warm ein und konnte mir den Kommentar nicht verkneifen: „Gsehsch, s’Mami hät doch gseit es isch chalt dusse!“. Worauf ich mit dieser Geschichte hinaus will, erfährt ihr gleich…

Mama oder Mensch?

Manchmal kommt es mir so vor, als wenn man mit dem Mutter werden plötzlich einer neuen Spezies angehören würde. Man ist ab sofort nicht mehr >Mensch< sondern >Mami<. Und die Menschen um uns herum haben ziemlich genaue Vorstellungen davon, wie Mamis zu sein haben.

Da wird getuschelt über die Mutter, die beim Kinderwagen schieben durchs Handy scrollt (weil das einige der wenigen paar Minuten am Tag sind, um in Ruhe eine SMS beantworten zu können). Über die, die an der Kasse ihr Kind anschnauzt (weil sie nur 5h geschlafen hat, schon den ganzen Morgen geduldig die Gefühlsausbrüche der Tochter begleitet und ihr nun beim 100sten Mal kurz die Sicherungen durchbrennen). Über die „Rabenmutter“, die ihr Kind im Herbst ohne Mütze rumrennen lässt (weil ihr Sonnenschein seit einem Tag einen fiesen Ausschlag am Hinterkopf hat, der mit Mütze noch mehr juckt) oder über das Kind im Wagen, mit einer Tüte Chips in der Hand (weil die Mutter dummerweise etwas zu nah am Regal vorbei gefahren ist und einfach keinen Bock mehr auf endlose Diskussionen und Gezeter hatte). Und wehe man sieht eine Frau mit einem Cocktail in der Hand und erfährt dann, dass sie ein Baby zuhause hat (welches selbstverständlich wunderbar vom Papa versorgt wurde und selig schläft)! DAS GEHT JA WOHL GAR NICHT!!

Was für Andere selbstverständlich ist, wird für eine Mutter plötzlich zum Spiessrutenlauf! „Hoffentlich begegne ich nicht genau JETZT der Lehrerin vom Babyschwimmkurs“ oder „der neuen Bekannten aus der Krabbelgruppe!“ – was die wohl denken werden… Auch wenn diese Unsicherheit vermutlich grösstenteils aus uns selbst kommt, hört man doch immer wieder aus Gesprächen raus, dass solches „Verhalten“ eigentlich nicht gern gesehen/akzeptiert wird.. Oder man kassiert BLICKE. Die sagen bekanntlich ja oft mehr als Worte. Doch was steckt dahinter? 

Klar, wir haben eine enorme Verantwortung, schliesslich erziehen wir sozusagen die Zukunft von Morgen. Da darf sich unser Umfeld schon etwas betroffen fühlen.. Ich denke, dass sich das die meisten Mütter auch irgendwie bewusst sind, aber hey! Wir sind trotz all dem auch noch Menschen! Auch wir haben mal einen „Arschloch-Tag“ oder gleich mehrere am Stück, mögen nicht ständig 100% geben oder sind unsicher, wie wir auf unser Kind oder gewisse Situationen reagieren sollen. 

Früher haben wir vielleicht geraucht, getrunken und bis in die Morgenstunden Party gemacht und uns nicht um den nächsten Tag geschert. Wir wussten nicht, welche Mammutaufgabe ein ganz normaler Wocheneinkauf sein kann oder wie endlos lange sich eine Zugfahrt mit einem übermüdeten Baby anfühlt. Mit dem Mami-Sein ändert sich das schlagartig und wir selber wachsen zusammen mit dem Kind in diese neue Welt hinein, müssen uns zuerst zurechtfinden, neu sortieren und alte Gewohnheiten überdenken. Viele, viele Kompromisse eingehen und allzuoft komplett zurückstecken. Da möchten wir wenigstens noch ab und zu ein bisschen uns selbst sein, vielleicht rebellieren, nicht immer nachgeben oder doch mal wegschauen und ja, eben auch mal am Handy sitzen und das Kind daneben warten lassen. Oder die mickrige und gefühlt hundertste Sandburg unseres Sprosses nicht meeega super toll finden🤷🏻‍♀️

Das bedeutet nicht automatisch, dass es immer so ist, wir deshalb schlechtere Mütter wären, unsere Kinder vernachlässigen oder gar weniger lieben würden… Es sind einfach nur kurze Momentaufnahmen, die der Betrachter von Aussen sieht und die nichts über unseren Erziehungsstil und unsere Gefühle aussagen. Auch wir sind einfach bloss Menschen, die in dem was sie tun, ihr Bestes geben. So, wie es die Tagesform eben zulässt…

Ein bisschen mehr Toleranz würde schon viel bewirken. Von anderen Mamis genauso wie von Fremden. Denn  #coolmomsdontjudge. Coole Mamis urteilen nicht! Also seien wir doch in Zukunft alle einfach wieder ein bisschen cooler😎 Das haben wir verdient ☺️

Danke fürs zuhören! Eure Rebekka✌🏼😉

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